Manchmal geschehen ja Wunder, zuweilen sogar mir.
Auf meine Nachfrage am Mittwochnachmittag im Medical Center, wie weit die Erstellung der Impflisten für unser medizinisches Personal vorangeschritten sind, bekam ich zur Antwort, dass alles erledigt und geprüft wäre und ich ab sofort ins Kiambu Level V Hospital fahren könnte, um die Impfung zu erhalten.
Nun lebe ich ja schon vier Jahre hier. Immerhin lang genug, um realistisch einschätzen zu können, dass ich das niemals in diesem Krankenhaus allein auf die Reihe bekommen würde. Was also tun? Umgehend ging mein Angebot per WhatsApp raus ans Medical Center, ob denn jemand vom Staff gleich am nächsten Morgen mitkommen und meine Fahrdienste in Anspruch nehmen möchte.
Ich hatte Glück. Immerhin zwei. Alle anderen hatten Angst und wollten erstmal abwarten, ob wir drei die Impfung überleben. Aha......
Also ging es gleich am Donnerstagmorgen los. Und zwar in die entgegengesetzte Richtung, um zunächst erst einmal meine kenianischen Mitimpfwilligen abzuholen. Mit Boniface und Mother Leah waren wir nun zu dritt auf dem Weg ins größte und beste Krankenhaus im County Kiambu.
Zu finden war es leicht, Einfahren durfte man jedoch nicht. Da half dann auch kein rotes Nummernschild. Also machten wir uns auf Parkplatzsuche auf den Straßen davor. So richtige Parkplätze gibts da nicht, die meisten kommen wahrscheinlich auch mit anderen Verkehrsmitteln. Irgendwo fanden wir dann eine kleine Lücke auf einem sandigen Streifen zwischen ein paar Straßenhändlern. Hätte ich meine kenianischen Begleiter nicht bei mir gehabt, hätte ich überhaupt nicht auf die Dame im gelben Kittel eine Straße weiter geachtet. Ich wurde jedenfalls darauf aufmerksam gemacht, dass wir nun hier, bei der gelben Dame eine Parkgebühr zu entrichten hätten. Na das war ja mal interessant. Sie war geduldig mit mir und führte mich an meinem Handy Step by Step durch einen 7 Schritte umfassenden Bezahlprozess der Parkgebühr in Höhe von 100 Ksh. Als Empfänger dieser Gebühr wurde dann die Landesregierung von Kiambu ausgewiesen. Naja, die sollten die Parkgebühren vielleicht mal nutzen, um Parkplätze zu schaffen, oder jemanden, der auf die Autos aufpasst. Aber nun gut, es funktioniert ja auch ohne Improvement.....
Nach also nun langwierigem Bezahlprozess traten wir also durchs Tor des Krankenhauses. Überall Zelte und hunderte von ordentlich in Reihen aufgestellten weißen Plastikstühlen. Wir fragten uns durch, verirrten uns, fanden den Weg wieder, passierten schwer bewachte Tore und waren nach einigen Irrwegen endlich an der Stelle angekommen, an welcher der heiße Stoff verimpft wurde. Eine winzige unscheinbare Hütte mit weit geöffneter Tür und reichlich Personal darinnen. Davor eine Traube von ca. 20 Menschen. Es dauerte etwas, bis wir den Prozeß durchschaut hatten. Auch wenn alles wie ein chaotisches Durcheinander wirkte, war es doch erstaunlicherweise irgendwie organisiert.
Zunächst bestand unsere Aufgabe darin, zu warten. Auf was auch immer. Aber ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass Geduld sich hier oft auszahlt. Ab und zu trat eine junge Dame aus dem kleinen Kabuff und einige von uns hatten die Möglichkeit sich bei ihr in ein Buch einzutragen und anzumelden. Zumindest Namen, Telefonnummer, Arbeitsort und so. Naja, nun standen wir immerhin schonmal in einem Buch. Einer nach dem anderen wurde dann in diese Hütte gebeten, um sich zunächst auf einen Stuhl in der rechten hinteren Ecke zu setzen, im Anschluß nach Aufforderung auf einen Stuhl in der linken Ecke zu wechseln und sich dann dort in ein zweites noch größeres Buch einzutragen. Hatte man dieses Procedere erfolgreich bestanden, erhielt man in aller Öffentlichkeit die Impfung.
Nachdem ich es also ins Kabuff bis auf den Stuhl in der rechten hinteren Ecke geschafft hatte, wurde ich nach kurzer Wartezeit aufgefordert, meinen Sitzplatz auf den Stuhl in der linken Ecke zu verlagern. Dort wurden dann alle Daten nochmal in das zweite große Buch aufgenommen. Diesmal inklusive der Pass-ID Nummer. Nun habe ich ja gar keinen richtigen kenianischen Pass, sondern nur den für Diplomaten. Und jetzt wurde es schwierig. Während ich also alle meine Daten in das große Buch eintrug, tippte ein Krankenhausangestellter alle meine Infos in eine Maske auf einem iPad ein. Und dieses System mag Diplomaten-IDs nicht. Hatten wir ja schon öfter. Es wurde also hin und her probiert, das ganze gut durchorganisierte Impfprocedere kam gehörig ins Stocken und niemand störte sich daran. Während ich zunehmend nervös wurde, beruhigte man mich und tüfftelte und probierte und telefonierte. Und irgendwie klappte es denn doch. Im gleichen Moment, in welchem meine iPad Registrierung akzeptiert und damit abgesendet werden konnte, erhielt ich per SMS auf mein Handy eine Nachricht mit der Chargennummer des Impfstoffes, den ich ja noch gar nicht erhalten hatte und einem Termin für die Zweitimpfung. Da soll man doch sagen was man will, das soll in Organisation erstmal einer nachmachen!
In allgemeiner überschwänglicher Freude, dass das gesamte anwesende Personal sozusagen in Teamarbeit meine erfolgreiche Registrierung bewerkstelligt hatte, wurden dann Fotos geschossen. Sozusagen als Erinnerung. Und ich wurde herzlich verabschiedet. Bis zum 13. Mai, dann wissen aber alle wie das mit mir und meinen Nummern geht.
Während meiner Wartezeit dort kamen auch zwei Gynäkologinnen aus der Gegend zum Impfen. Man bekommt das ja mit, aufgrund der Gespräche. Und ich habe wieder etwas gelernt. Kenianische Gynäkologinnen bevorzugen High Heels. Also besser noch High High Heels. Gerne in Lack und Knallfarbe. Naja, das mit der Integration ist ja so eine Sache. Ich hab zumindest drüber nachgedacht, bleibe dann aber doch lieber bei meinen geliebten sansibarischen Blümchensandalen. Vielleicht langweilig, aber näher am Boden.....
Impressionen:
Wartezonen überall |
Feuerlöscher an jeder Ecke |
Tore, Gitter, Wachschutz |
Listen, Listen und noch mehr Listen |
rechte hintere Ecke |
heißer Scheiß Astra |
geschafft |