Dienstag, 27. Juli 2021

Eisen am Strand oder So gehts auch

Ja, Vanilleeis wäre mir auch lieber gewesen. Oder Heidelbeere. Meinetwegen auch gemischt. Mein Strandmenue sah heute allerdings anders aus. Während also in den Strandkörben um uns herum die Urlauber bei herrlichstem Sonnenschein ihr Eis schleckerten, breiteten wir auf der Stranddecke Flexülen, Kanülen, Tupfer, Infusionsflaschen- und schläuche und Ampullen aus. Auf meiner Mittagskarte stand Eisen zur Auswahl. Als einziges Gericht. Nun ja, nicht übel, wenn man unter schwerem Eisenmangel leidet und die Speicher nahezu leer sind. Sagt zumindest das Labor, die werden es schon wissen. 

Die Idee des Hausarztes war "Nehmen Sie bitte ab sofort Eisentabletten ein. 100 Tage lang". Uff, ganz schön lange. Und die Dinger gehen mir immer so auf den Magen. Meine Freundin hatte eine bessere Idee und brachte Eisen mit an den Strand. In flüssiger Form. Wirkt sozusagen sofort. Rein und wusch - Speicher wieder voll. 


Wir waren auch ein bißchen afrikanisch kreativ. Den fehlenden Stauschlauch zum Legen des venösen Zugangs ersetzen wir durch ein Bikinioberteil, welches sich hervorragend um den Oberarm binden ließ. Selbiges funktionierte dann im Anschluss auch noch ganz wunderbar als Infusionsaufhänger. Diese Bikinioberteile sind wirklich multifunktional. Sollte man mal drüber nachdenken. 


Während also nun die Eisenmahlzeit in meine Venen lief waren unsere Kinder recht interessiert und schwer beeindruckt, dass man Eisen in Blutgefäße gießen kann. Ich bin jetzt in ihren Augen so was wie ein Superheld mit Eisenarm, oder so. Gibt wirklich Schlimmeres...

Zum Dessert gab es dann Prosecco. Für Ärztin und Patientin. Aus strandgerechten bunten Plastikbechern. 

Ansonsten genießen wir herrlich entspannte Strandtage. Morgen kommt der Liebste endlich nach. Dann wird es noch mehr Urlaubsfeeling sein. Ich freu mich drauf...

Samstag, 17. Juli 2021

Vor, zurück, zur Seite, ran ODER Endlich wieder alle zusammen

Pläne sind nur was für Schwache. Das lernt man recht schnell in Afrika. 

Nehmen wir zum Beispiel die Autofahrt von meinen Eltern zu den Kindern nach Halle. Ich bin immer so dankbar, dass ich das Auto meiner Mutti benutzen darf, wenn wir im Lande sind. Das ist eine große Erleichterung. Ständige Zugfahren oder ein Mietauto für 6 Wochen wären zum ersten anstrengend und im zweiten Fall finanziell indiskutabel. 

Da waren nun also alle Koffer und Mitbringsel im Kofferraum des frisch aus dem TÜV entlassenen Wagens verstaut und wir eine halbe Stunde auf der Autobahn unterwegs, da begann die erste Warnleuchte zu blinken. Eine von den großen! Ach du Schande. Das Zeichen sagte mir nicht viel, allerdings stand auf dem Display "Reifenpanne. Vorsichtig anhalten". 


Nun hat das Auto Gott sei Dank solche Superreifen, mit denen man trotz Reifenpanne weiterfahren kann, allerdings sehr langsam. Und das ist dann wieder zwischen den ganzen LKW auf der Autobahn ein Abenteuer. Standstreifen kam für mich nicht in Frage, also tasteten wir uns vor bis zum nächsten Parkplatz. Ein Gang ums Auto half uns nicht weiter. Sah alles normal aus. Eine Weiterfahrt nach Halle erschien uns zu weit. Blieb die Möglichkeit mit dem ADAC. Ich bezahle ja nicht umsonst jährlich meine Beiträge. Pech nur, wenn die Fahrzeugpapiere bei Mutti auf dem Küchentisch liegen und ich laut Ausweis nicht mal mehr einen Wohnsitz in Deutschland habe. Auf diese Diskussion wollte ich mich also auch nicht einlassen. Das sind dann also die Momente, in denen man mit 47 Jahren bei seinen Eltern anruft und ohne Umschweife zu seiner Mutter sagt "...gib mir Papa". Also fuhren wir zurück. Schnurstracks in die Werkstatt. Nach eineinhalb Stunden gab es zum Glück Entwarnung. Ein Ventil war die Wurzel allen Übels. Und so konnten wir nach zunächst VOR und ZURÜCK und dann zur SEITE (Werkstatt), endlich RAN und uns erneut auf den Weg zu den großen Kindern machen. 

Und nicht nur zu diesen. Kinder, Freunde, alle irgendwie zusammen. Das ist so schön, nach so langer Zeit.


Interessant sind die Tischgespräche, wenn Humanmediziner mit Tierärzten am Tisch sitzen. Eine nach hoher Kunst aufgeschnittene große offene Zehenwunde wurde von der Tierärztin sofort mit einem Röntgenbild der Katze gekontert, die eine Nadel verschluckt hatte. Es ist immer wieder schön mit euch.....


Bekocht wurden wir auch. Mit den besten Kirschwaffeln der Welt. Und da dachten wir auch, dass unser Wunsch "Schnitzel mit Zitronenbuttersoße" den gewieften Koch vor keine großen Probleme stellt. Tat er doch, Zitronenbuttersoße muss ein recht kompliziertes Unterfangen sein. Andreas, du hast das Problem großartig gelöst. 

Heute waren wir auch verabredet. Ab der Mittagszeit. Aber es geht nicht. Da sitze ich nun, in Konstantins Wohnung auf der Couch. Ziemlich fertig und kaputt. Das Blutbild sagt, die Eisenspeicher sind komplett leer, die Nieren kurz vorm Anschlag. Ich merke das. Ich bin müde. Eigentlich bin ich immer müde. Ich bin dankbar Freunde zu haben, die so etwas verstehen. Wir holen das also morgen bei einem Frühstück nach. 

Morgen gehts auf in Richtung Norden. Endlich Urlaub. Ich freue mich auf Ruhe, Schlafen, Häkeln, Lesen, Eisentabletten und Eisen über die Vene, um die Speicher wieder aufzufüllen. Sonne wäre auch nicht schlecht.....ich nehm es so wie es kommt. 



Freitag, 9. Juli 2021

Der gefallene Gatte oder Ab nach Hause

Sachen gibts.....

Da schalle ich gestern zuhause eine 11. Woche und hoffe damit beim werdenden Vater, der nach mehr als sechs Jahren Kinderwunsch nun das erste Mal wahrhaftig dieses kleine Wesen bewundern kann, Freude auszulösen. Oder Tränen oder Lachen oder was weiß ich was. Aber nein, während also die werdende Mutter und ich uns am strampelnden Würmchen erfreuten, tat es einen lauten und scheppernden Knall. 

Nach genauerem Hinsehen fand ich ihn. Den Gatten. Den, der eben noch voller Stolz neben der Liege gestanden hatte. Nun hing er in tiefer Bewusstlosigkeit mit baumelnden Armen quer über meinem Instrumententisch.  Die Schwangere schaute kurz hinter sich und meinte ganz besonnen "das hat er noch nie gemacht". 

Na prima. Statt zu schallen, hiefte ich dann erstmal den Gatten auf die Couch. Er kam zu sich und tat, als wenn nichts geschehen wäre. Ich spielte mit. Bis auf eine Schramme am Knie ist zum Glück nichts passiert. Ich erlebe viel. Lachen, Weinen, manchmal Schreien. Aber du meine Güte, was müssen das für großartige Emotionen sein, wenn man nach so vielen Jahren Kinderwunsch beim Anblick eines 5 cm langen und etwas strampelnden Feten tatsächlich realisiert, dass es nun wirklich so ist und auf der Stelle und ohne Vorankündigung in tiefe Ohnmacht fällt. 

Wahrscheinlich wird dem Kind diese Geschichte noch an seinem 50. Geburtstag erzählt. Eine Ohnmacht für ein ganzes Leben.....

Und nun ist erstmal Pause von Schwangerschaften, Ultraschallen, Krebsabstrichen und Blasenentzündungen. Ich sitze mit den Kindern und 9 Koffern im Café nicht weit von Gate 24, wo in drei Stunden ein Flieger mit uns abheben wird. Ab nach Hause......Hin zu unseren großen Kindern, Eltern, Geschwistern, Nichten, Neffen.  Hin zu Freunden und Sommerabenden am Strand mit Picknick und Dosenprosecco. Wir freuen uns auf euch....