Dienstag, 31. Dezember 2019

Happy New Year

Und schwuppsdiwupps ist es da, das 2020. Ich habe gestern mal versucht Revue passieren zu lassen. Aber das vergangene Jahr war so voller Abenteuer, Arbeit, Neuem, Altem, Schönem, Traurigem und manchmal auch Schwerem, dass es mir schwerfiel alles zusammen zu bekommen. Im Grunde genommen ist das ja ein gutes Zeichen, dass unsere Tage hier mit soviel Abenteuer und Glück gefüllt sind. Es ist wirklich unglaublich, was wir im vergangenen Jahr alles erleben durften.


Wir hoffen und wünschen uns sehr, dass es so bleibt. Aber letztendlich kommt es wie es kommt.
Passend kamen wir gestern Abend in der Kirche erstmal mit einem platten Vorderreifen an. Nach unserer off road Tour vom Vortag ist wahrscheinlich mal wieder ein Nagel die Ursache. Und so hoffen wir heute auf das Talent der Tankwärter und dass sie genügend Radiergummi zum Stopfen vorrätig haben.

Unser Pfarrer hat uns gestern im Jahresabschlussgottesdienst die Worte Dietrich Bonhoeffers mit auf den Weg gegeben...


Wir werden sehen, wie es hier für uns weitergeht. Man weiß ja nie.... Ich bin gespannt auf die Geschichten aus der wunderbarsten Schule, die wir uns für unsere Kinder wünschen können. Auf den Weg, den unsere großen Kinder einschlagen werden. Auf Geschichten aus der Kirchgemeinde, welche sich im Moment neu aufstellt und verändert. Aus Mathare und dem Sanitary Pad Project für die Schulmädchen. Aus dem Medical Center und ganz besonders wie es mit Grace und dem Baby weitergeht. Und ich habe schon wieder so viele Ideen im Kopf.....

Und nach all dem Besinnlichen zum Jahresabschluss waren wir feiern.

Es gibt ja bekanntlich gute Parties und weniger gute. Das war gestern allerdings eine der Besten. So viele Freunde auf einem Haufen. Eltern, Kinder, Lehrer, neue und alte Bekannte, Musik, Chicken Shawarma, eine gut ausgestattete Bar, wunderbare Gastgeber, einen singenden Mathelehrer, drei Geburtstagskinder und natürlich ein bißchen Feuerwerk.

Es ist schön, hier sein zu dürfen. Wir sind dankbar für dieses Geschenk.

Happy New Year, das wünschen wir euch allen von ganzem Herzen.

Samstag, 14. Dezember 2019

Grace und der Diabetes

Kennt ihr das? Dinge, die einen sprachlos machen, weil man jahrelang annahm, sie seien so nicht möglich ? Oder zumindest nicht mit dem Leben vereinbar...

Hier ist so ein Wunder: Grace....

Grace ist schwanger. Das ist wundervoll. Allerdings leidet Grace seit frühester Kindheit unter einer schweren Zuckerkrankheit.  Und spritzt seit Jahren unglaubliche Mengen Insulin.  Immerhin mit einer einzigen BZ-Messung pro Woche. Weil die muss man ja in der Apotheke bezahlen (ca. 15 Cent). Ein eigenes Blutzuckermessgerät kann sich Grace nicht leisten.

Als sich Grace vor einigen Wochen das erste mal bei mir in der Sprechstunde vorstellte, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen. Ich habe noch nie in meinen ganzen Jahren in deutschen Kliniken einen derart hohen BZ Wert gesehen. Der Langzeitblutzuckerwert ebenfalls im weit zweistelligen Bereich.
Und bei all dem geht es Grace blendend.


Mittlerweile kommt sie jede Woche freitags zur Schwangerenvorsorge und wir sind auf einem guten, wenn auch afrikanischen Weg. Die Blutzuckerwerte konnten wir mittlerweile halbieren, die Insulindosis weiter erhöhen und derzeit bekommen wir zwei BZ-Werte pro Woche.

Grace amüsiert sich jedesmal über meine Schnappatmung bei Sichtung der Laborwerte. Schließlich liegt ihrer Ansicht nach sowieso alles in Gottes Hand...und der wirds schon richten.... wie auch immer.

Wahrscheinlich mehr aus Zufall, denn in der Absicht mich aufzumuntern, erschien Grace gestern in passendem T-Shirt. Wahrscheinlich aus irgendeiner Kleiderspende, die hierher nach Afrika verschifft worden war. Der Spruch war passend und nachdem ich Grace übersetzt hatte, was sie da so vor sich her trägt, mussten wir beide lachen.


Wie das mit Grace, dem Baby und der schweren Diabetes weitergeht können wir nur bedingt beeinflussen.  Die staatlichen Entbindungskliniken sind hier nämlich bereits mit einfachen Geburten überfordert. Die Kindersterblichkeit unter der Geburt liegt in einfachen Kliniken im zweistelligen Bereich (hier werden die ersten drei Lebensmonate mit eingerechnet). Bei der Müttersterblichkeit ist es nicht groß anders.

Wir werden im Vorfeld tun, was in unserer Macht steht und dann werden wir beten. Und Grace hat recht....hier unten, in Afrika, liegt es in Gottes Hand....

(Grace ist übrigens damit einverstanden, dass ich über sie schreibe)


Mittwoch, 11. Dezember 2019

Wasser, was sonst.....

Wasser in allen Lebenslagen, anders kann ich es nicht mehr bezeichnen. Seit drei Monaten schüttet es Bäche und Flüsse, Seen und Ozeane vom Himmel. Viele der Nationalparks sind mittlerweile wegen Überflutungen gesperrt, Straßen und Brücken wurden weggespült oder sind nicht mehr passierbar, der Schlamm macht die Wege abseits des Asphalts rutschig und gefährlich. Lodges und Krankenhäuser wurden geflutet und auch Wohnhäuser und Gärten stehen zur Zeit gelegentlich unter Wasser.


unsere Kirchenhalle

Aga Khan Hospital

Garten von Freunden

Und wir haben Glück im Unglück, naja, fast zumindest. Unser Dach ist alt, aber hält dicht. Unsere Wasserleitungen leider nicht.
Rief mich doch unsere Maid Metrin vor ein paar Tagen panisch um Hilfe, die Küche stand unter Wasser. Das war merkwürdig, denn draußen schien gerade die Sonne. Wo um Himmels Willen kamen denn nun an diesem einem und einzigen trockenen Tag die Unmengen von Wasser auf dem Küchenboden her?
Die Ursache war rasch gefunden. Ein Rohrbruch im Unterspülenschrank.
Na prima.

Mittlerweile ist ja Patrick der Plumber, der uns seit 2 Jahren die Treue hält, mein bester Freund in der Not. Erstaunlich ist jedesmal der Blick in seine Werkzeugtasche. Aber mit fast nix, kann man hier eben doch Wunder vollbringen.


Nach einigen prüfenden Blicken erklärte mir nun  der beste Plumber von allen, dass es ein Wunder war, das diese alte Rohkonstruktion überhaupt so lange gehalten hatte.



Zwei Endstücke von Rohren waren soweit voneinander entfernt, dass eine Verbindung beim Bau durch extremes Biegen hergestellt worden war. Und die war nun eben gebrochen. Ich hab keine Ahnung, wieviele Jahre das gehalten hatte (Rohrverbindungen in Küchenspülenunterschränken gehörten bisher nicht zu meinem Interessengebiet).
Und während ich schon überlegte, wie und wo wir jetzt am frühen Abend rasch Ersatzteile besorgen, war Patrick entspannt und guter Dinge. Er würde das auch ohne Ersatzteile hinbekommen. Aha.....

Du meine Güte, ich bin ja selten sprachlos, aber was nun folgte.....

Es wurde geschraubt, gespült, gewerkelt. Unser Boniface wurde als Helfer und Lehrling angestellt, ich als Beleuchter (mit Handytaschenlampe).


Die Rohre wurden neu positioniert, das Verbindungsstück ausgiebig im Eimer gewaschen.

Patrick verlangte dann von mir Bausand. Wie bitte? Boniface schaltete schneller als ich und mopste mit langem Arm etwas Bausand vom Nachbargrundstück.

Also Sand ins Rohr.



Patrick grillte dann das Rohr über unserem Gasherd und bog und bog und bog, bis ein beachtlicher Winkel entstanden war.


Mittlerweile sah das Rohr recht knusprig aus. Es roch auch dementsprechend.
Meine Bedenken wurden überhört und das frisch gegrillte Rohrstück als Verbindung eingebaut.
Wasser an und tadaa.....Patrick hatte ein beachtliches Loch ins vormals intakte Rohr gebrannt, es leckte in breitem Strahl.


Mist. Also doch noch schnell zum Baumarkt.

Nö, Patrick fand das immer noch nicht schlimm und holte eine Dose mit irgendeiner Paste aus seiner spärlich bestückten Werkzeugtasche. Diese Paste wurde nun von außen auf das Bandloch geschmiert. Und tatsächlich, nach kurzem Warten war das Rohr dicht.


Laut Patrick bleibt das jetzt auch für die nächsten Jahre so.