Montag, 31. August 2020

Größe M oder Wie Iris von Arnim für meine letzte Panikattacke sorgte

Kennt ihr das, dass euch innerhalb von nur einem Sekundenbruchteil das Herz in die Hose rutscht und eure Schweißdrüsen Amok laufen?
Ich beneide alle Mitmenschen, die gelassen bleiben können, wenn Dinge schiefgehen.
Aber von vorn.....
Es ist diese besondere Zeit im Sommer, in der hier der große Wechsel stattfindet. Freunde gehen ... nach Deutschland zurück oder sonst wohin in der Welt. Neue kommen. Und das ist das besonders Schöne hier, dass Neuankömmlinge umgehend aufgenommen und integriert werden.

Und so kommt es dann auch, dass man nach nur einer Tasse Kaffee bereits die Wäsche von gestern noch Fremden wäscht. Nicht aus Fetischismus, sondern weil deren Container und damit auch die Waschmaschine noch auf hoher See weilen.

Und dann befindet sich unter all dem staubigen Safarizeugs ein hübsches Strickjäckchen. Ein gemeinsamer flüchtiger Blick im Vorfeld ins Etikett sagte klar und deutlich 30° Wollwäsche. Ich sage euch, es war die dritte Maschine, die ich mit besagtem Jäckchen bestückte und rasch das besprochene Programm startete. Inclusive edlem UN-Wollwaschmittel.
Die Maschine schnurrte und tat ihr Tagwerk während ich in der Küche werkelte.
Beim Aufhängen kam mir das Jäckchen dann doch etwas klein vor. Und ein Blick aufs Etikett ließ mich in Schockstarre verfallen. Begleitet von einem akuten Schweißausbruch, Herzrasen und weichen Knien. Nein, Ich war nicht schockverliebt. Auf dem Etikett stand "Iris von Arnim - reine Kaschmirwolle, Größe M". Ach du Scheiße. Diese Größe M war höchstens noch Kindergröße 152.
Wer den Neuwert dieser durchaus hübschen Teile kennt, weiß, dass wir uns hier im nahezu vierstelligen Bereich befinden.
Das war das erste Mal seit 15 Jahren, dass ich heilfroh war, eine gute Haftpflichtversicherung zu besitzen.


Wir hatten die Jackenbesitzerin nebst Familienanhang zum Sundowner und zur abendlichen Lasagne eingeladen. Zwei Stunden lang hab ich an diesem Nachmittag Blut und Wasser geschwitzt und nebenbei die Lasagne überkocht. Ob es an den kenianischen Nudelplatten lag oder an meiner Nervosität, kann ich nicht sagen, vielleicht eine Mischung aus beidem.
Nur, um etwas später zu erfahren, dass es sich um ein Kinderjäckchen handelte. Die von mir geforderte Anprobe gelang problemlos. Alles Herzklopfen umsonst.

Wir hatten trotz der mißlungenen Lasagne einen wunderbaren Abend am Gartentisch mit Lachen, Kerzenschein, reichlich gutem Rotwein und vielen verrückten Geschichten.


Freitag, 14. August 2020

Wie Mut manchmal belohnt wird oder Ich muss doch vollkommen bescheuert sein.....

Durch internationale Pandemieumstände sind wir ja nun gezwungen diesen Sommer am Indischen Ozean zu verbringen. Das ist jetzt an sich keine ganz unglückliche Situation, denn es gibt deutlich ungemütlichere Orte auf dieser Welt.

Allerdings haben der Indische Ozean und ich so unsere Beziehungsprobleme. Diese äußern sich nicht im flacheren Strandbereich, sondern, wenn wir unsere Beziehung vertiefen (im wahrsten Sinne des Wortes). Vielleicht erinnert ihr euch noch an das Desaster vor Sansibar.

https://abenteuernairobi.blogspot.com/2018/04/ruckblick-auf-sansibar-oder-unser-ganz.html

War ziemlich knapp damals.

Nun habe ich bereits solange ich denken kann eine gestörte Beziehung zu tieferen Gewässern. Sobald ich den Boden unter den Füßen nicht mehr spüre wirds mir komisch. Zu gruselig ist die Vorstellung, wie tief es da unter mir hinuntergeht und vor allem (noch schlimmer) was da so unter mir an Meeresgetier wimmelt. Hier am Strand holen die Fischer bereits ziemlich große Tintenfische aus manchmal nur knietiefem Wasser. Naja, wie auch immer.....

Und gestern hatte ich mal wieder einen meiner berühmten geistigen Aussetzer. Michael und ich hatten uns erkundigt wegen einer kleineren Jetski-Tour für Raphael. Und irgendwie (ich kann mich nicht genau erinnern wie es kam) haben wir dann statt der 20 minütigen Jetskifahrt für Raphael eine große Tour für uns alle vier aufs offene Meer gebucht. Manchmal hat man dann die Chance Define zu treffen.
Wahrscheinlich haben beim Wort Delfin bei mir irgendwelche Sicherungen ausgesetzt, jedenfalls hatte ich zugestimmt.
Nach einer recht unruhigen Nacht fanden wir uns dann heute Morgen am Strand ein, wo bereits drei Jetski auf uns warteten. Einer für Michael und Raphael, einer für mich und Hanni und einer für zwei Begleiter, damit wir auf dem Meer nicht verloren gehen.


Nun lassen sich diese Jetski recht einfach bedienen. Zumindest im flachen Wasser. Kommen Wellen dazu wirds spannend. Kennt ihr dieses Gefühl in irgendein bescheuertes Karussell eingestiegen zu sein und es bereits vor dem Losfahren zu bereuen? Ok, so ging es mir. Solange wir noch vor dem Riff unterwegs waren, war alles ok, aber dahinter ist eine andere Welt. Das türkise glasklare Wasser, in dem man metertief bis auf den Grund schauen kann, ist plötzlich schwarz, die Wellen meterhoch, der Wind rau. Und dann schaukelt man da auch auf so einem Jetski von der linken Seite auf die rechte. Das war nichts für meine sansibarmalträtierten Nerven. Der Gedanke und die Angst hier zu kentern ließen zunehmend Panik in mir aufsteigen. Und wir waren ja erst am Anfang der Tour und noch nicht mal richtig weit draußen. Wir hatten fantastische Guides, die meine Not, ohne, dass ich es artikulieren musste erkannten. Naja, ich zitterte ja auch am ganzen Körper wie Espenlaub. Sie schlugen vor, dass ich jetzt den Jetski wechsle und als Beifahrer weiterreise und im Gegenzug einer der beiden mit Johanna weiterfährt. Ja dachte ich, Gott sei Dank! Ich hatte noch nicht einen Schritt weitergedacht. Ich sollte nun also da draußen umsteigen. Fragt mich nicht wie, aber es ging ohne zu kentern und besser als gedacht.

Und dann war alles besser. Wir fuhren raus, weit raus...... das Ufer nur noch ein schmaler Streifen am Horizont. Wellen wie Berge. Mir ging es nicht wirklich gut, aber immerhin war ich panikfrei.
Und dann ganz plötzlich waren sie neben uns, um uns, unter uns. Eine große Herde der größten und schönsten Delfine. Vielleicht 15, vielleicht 20 Tiere. Und sie begleiteten uns. Wir stoppten und ließen uns zwischen den großen Wellen treiben und die Tiere blieben bei uns. So schön und friedlich.....und meine Angst war weg.




Manchmal lohnt es sich, sich seinen Ängsten zu stellen. Heute zumindest auf jeden Fall.
Und wieder ein Punkt auf der Bucket List, der erledigt ist.

Samstag, 1. August 2020

Nightmare in Diani

Es waren wunderbare Tage in Diani. Ein großartiges Haus (mit einigen Mängeln), vier fantastisch harmonierende Teenager, Sonnenschein, Palmen, Meer und Hängeschaukeln.

Klingt traumhaft. Trotzdem passierten auch in diesem Urlaub Dinge, die so nicht geplant waren.


Alles fing mit der gelben Wolle an. Und genau diese hatte ich zuhause vergessen. Blöderweise merkt man sowas ja immer erst beim Auspacken. Und so hing der Häkelhimmel erstmal ein wenig schief. Was macht man denn, wenn man für das Innere der geplanten 250 Gänseblümchenquadrate gelbe Wolle braucht? Kann ich euch sagen...einen Wollkurier finden. Gesagt getan, Kandidaten 1 bis 4 waren bereits an der Küste oder zumindest unterwegs auf dem Weg dorthin. Kandidatin 5 wurde dann mein Herzblatt und Wolltransporteur. Danke Antje!
Meine Morgen- und Abendbeschäftigung war also gerettet. Während Cordula stundenlang erzählen konnte, hörte ich zu und arbeitete weiter an Hannis Gänseblümchendecke.

Klingt alles traumhaft und harmonisch, wäre da nicht der zum Haus gehörende mißmutige Housekeeper gewesen. Man man man, es gibt ja in jedem Märchen irgendeinen Bösewicht. Housekeeper Jonathan war unserer. Schlechte Laune, böser Blick, Unhöflichkeit. Es war schon erstaunlich, was uns da für unseren beträchtlichen Reisepreis geboten wurde. Wäre der Kerl nicht im Besitz sämtlicher Schlüssel fürs Haus gewesen, wir hätten ihn gebeten fernzubleiben. Ging aber nicht. Immerhin konnten wir seine Anwesenheitsnotwendigkeit auf ein Minimum reduzieren.
Dafür heiterte uns Ali der Gärtner jeden Tag auf. Ein Sonnenschein in Person.

Gewagt haben wir uns in die Höhle des Ali Babour (angelehnt an den Ali Baba aus Tausendundeine Nacht). Nicht, um den Schatz zu stehlen, sondern um gut zu essen. Abgeholt wurden wir vom dazugehörenden Limousinenservice. Auch mal nett!


Die Höhle war spektakulär schön, besonders nach Sonnenuntergang, wenn alles golden schimmert. Das Essen war wunderbar. Getroffen haben wir die 40 Räuber nicht, lediglich ein paar davon, welche sich als Kellner verkleidet hatten.


Johanna hat ihr Lieblingsrestaurant gefunden....und das will was heißen!

Mulmig war uns dann in der letzten Nacht, nachdem wir Housekeeper Jonathan unüblich am späten Abend durch den Garten laufen sahen. Es war klar, er wollte auf dem Grundstück übernachten. Wir haben nach zwei Gläsern Rotwein (auf den Schreck) das Haus verrammelt wie nie zuvor.
Schlafen konnten wir zwei Mütter kaum. Zu viele Schritte ums Haus, Klappern an den Ketten und Vorhängeschlössern und hörbare Geräusche an der (zum Glück gut verschlossenen) Hintertür.
Mit reichlich Herzklopfen, wahrscheinlich einer großen Portion Paranoia und der Telefonnummer der Polizei im Anschlag haben wir irgendwie diese Nacht irgendwie überstanden.

Und eigentlich wäre es mir am Morgen besser gegangen, wenn da nicht der Rückflug angestanden hätte. Nicht, dass ich nicht nach Hause wollte. Das Problem sind eher diese Spielzeugflugzeuge.
Bereits nach dem Frühstück war mir schlecht. Das Imodium vom Hinflug war ja aufgebraucht, was also tun? Ich hab dann in meiner Handtasche eine Kopfschmerz- und eine Reisetablette gefunden. Auch Ärzte handeln in Paniksituationen irrational..... ich hoffte zumindest auf einen Placeboeffekt.

Geholfen hat es nur bedingt. Habt ihr euch auch schonmal beim Verlassen der Flughafentoilette gewundert, dass da im Mädchenbereich Pissoirs hängen? Ich hab ja schon so manches Mal an Autobahnraststätten die Herrentoilette aufgesucht, weil mir bei den Damen die Schlange zu lang war. Aber aus Versehen? ....naja.

Beim Anblick unserer Maschine verschlimmerte sich mein Zustand akut. Immerhin begrüßte uns wieder der nette indische Pilot, der uns schon hierhergebracht hatte.


Während des Fluges wurden wir durchgeschüttelt, wie ein von James Bond bevorzugter Martini. Wir kippten wir nach links und rechts, hoppelten, fielen ab und es hob uns gelegentlich aus den Sitzen.

Mit uns flog eine Dame, die wir bereits zwei Tage zuvor in der Strandbar eines besseren Hotels gesehen hatten. Dort fiel die "Lady in Pink, Plüsch und Glitzer" gemeinsam mit ihrem ganz in weiß  gekleideten Begleiter  durch schrilles Verhalten, Gesang am Tisch und aufreizende Tanzeinlagen auf. Außer uns gab es wohlbemerkt keine weiteren Gäste. Der Kellner muss wohl meinen amüsierten Blick gesehen haben. Jedenfalls fühlte er sich bemüßigt mich aufzuklären, dass es sich bei der Dame um eine sehr bekannte kenianische Schauspielerin handeln würde....Aha. Das erklärte einiges, aber nicht alles.
Für den Flug hatte sie nun kleidungsmäßig auf die rosa Federboa verzichtet, trug dafür allerdings Hut und so etwas wie eine rosa Taucherbrille. Auch mal was anderes.....

Alles in allem war es ein wunderbarer Urlaub. Trotz dieser Eigentümlichkeiten. Letztendlich haben wir Housekeeper und  Flugabenteuer überlebt und sogar die kenianische High Society nicht lieben, aber zumindest kennengelernt.




Gerne jederzeit wieder. Dann aber bitte mit Auto oder Zug und einem anderen Housekeeper.