Ich war damals etwa 9 Jahre alt.
Natürlich bin ich in meinem Leben seither noch öfter mal Bahnkunde gewesen. Mit und ohne Verspätungen, meistens mit Sitzplatz und netter Begleitung.
Nun sollte es also das erste Mal in Kenia soweit sein. Vor einiger Zeit (wir könnten eigentlich noch von Monaten sprechen) haben die Chinesen hier eine imposante Bahnstrecke gebaut. Von Nairobi nach Mombasa. Das ist auch sinnvoll, um den völlig überfüllten Mombasa Highway zu entlasten.
Wir hatten gehört, dass die Chinesen die kenianischen Arbeiter und Kollegen während der Bauzeit sehr schlecht behandelt hatten. Arrogant und überheblich seien sie aufgetreten. Von den Bauarbeiten bis zur Schulung des kenianischen Zugbegleiterpersonals. Von Unterdrückung und Schikane war die Rede. Meine Meinung dazu kennt ihr ja.
Nun, nach einiger Zeit ziehen sich die Chinesen hier zurück und der Zugbetrieb liegt größtenteils in kenianischer Hand. Wie es hinter den Kulissen aussieht, weiß ich leider nicht.
Das vor Betreten des Bahnhofs Personen und Gepäck stärker kontrolliert werden als am Flughafen habe ich ja bereits geschrieben. Und im Zug wurde es noch skuriler. Um überhaupt in eingelassen zu werden musste man sich in einem 90 Grad Winkel zur Zugtür anstellen. Eine schräge Schlange wurde nicht akzeptiert und unsere Positionen auf dem Bahnsteig umgehend mit strengem und keinen Widerstand duldendem Blick korrigiert. Meinetwegen.
Eine durchaus attraktive kenianische Dame im Zugbegleiterkostüm mit feschem Hütchen kontrollierte dann unsere Fahrkarten, die den kleinen Pappfahrkarten aus Kindheitstagen durchaus ähnelten.
Nun waren wir also endlich drinnen. Wir hatten 2. Klasse gebucht, weil das durchaus preiswerter war.
Konnte auch keine schlechte Entscheidung gewesen sein, da einige Bekannte aus Schule und Kirchgemeinde ebenfalls einstiegen.
Und doch war es sehr sehr eng. Auf der einen Seite zwei Zweiersitze gegenüber, auf der anderen Seite das selbe mit Dreiersitzen. Das ist auch durchaus in Ordnung so. Allerdings war der Abstand zwischen den sich gegenüberliegenden Sitzreihen gerade mal ausreichend für ein Beinpaar. Nun stellt euch mal vor, ihr sitzt da so in einer Dreierreihe und euch gegenüber ebenfalls drei (euch fremde) Leute und alle sechs versuchen nun eine einigermaßen, für sich und die anderen, akzeptable Position für die Beine zu finden. Ziemlich aussichtslos.....
Bei nur halb ausgebuchtem Zug ist das zu tolerieren. Dann können sich Familien wenigstens zusammensetzen. Wir waren gut verteilt. Unser Zug war voll!
Kaum war der Zug in Bewegung kam unsere attraktive kenianische Zugabteilsbeauftragte erneut und kontrollierte wiederholt die Fahrkarten. Es wurde überprüft, ob der korrekte Sitzplatz eingenommen worden war, außerdem notierte sie handschriftlich, wer vor Mombasa den Zug verlassen wollte. Da wir den zeitlich günstigeren Bummelzug gewählt hatten, lagen ja reichlich Zwischenhalte auf der Strecke.
Kaum war das geschehen, begann unsere Zugabteilsbeauftragte mit ihrer Lieblingsbeschäftigung. Dazu müsst ihr wissen, dass sämtliche Gepäckstücke auf den jeweils oben seitlichen Gepäckablagen, die das gesamte Abteil durchzogen, verstaut werden mussten. Die Ablagen bestanden aus Streben. Die Aufgabe der Dame, streng geschult durch die Chinesen, bestand nun darin, dass kein winziges Teilstückchen durch diese Streben nach unten durchhängen durfte. Passierte das nämlich (und das kam bei den vielen Rucksäcken und deren Riemen recht häufig vor), kam sie, stieg mit einer Unterlage auf die Sitze und steckte die herunterhängenden Teile wieder zurück.
Wir hatten reichlich junge Herren bei uns im Abteil, ab 12 Jahren aufwärts, die daran ihre Freude hatten.....
Während wir uns nun also in den folgenden 6 Stunden wie die Ölsardinen fühlten, wurde der Gang durch eine eigens angestellte Reinigungskraft 4 x gefegt und 3 x gewischt. Ich habe den Sinn dieser Aktion nicht verstanden, da es ja gar nicht schmutzig werden konnte. Aber wenn der Chinese sagt, es wird 4 x gefegt und 3 x gewischt, dann wird das auch so gemacht. Job ist Job.
Über der Tür in unserem Abteil waren dann auch, damit es ja niemand vergisst, die kenianische und die chinesische Flagge angebracht. Die chinesische Flagge hing schief. Ich vermute ein heimlicher Racheakt der Kenianer.....
Leider ließen sich die Fenster nicht öffnen. Aber es muss da im Zug so einen Mechanismus geben. Immer wenn die Luft unerträglich dick und stickig wurde, kann aus von mir unentdeckten Lüftungsschlitzen Frischluft ins Abteil.
Mit der Zeit wurden wir dann auch im Zug etwas mobiler, standen immer mal auf und im Gang, die Kinder besuchten Freunde im Nachbarabteil. Das machte es dann erträglicher...
Fazit: es ist ein Abenteuer und geht schon irgendwie, aber wer irgend kann, sollte die 20 $ mehr pro Person für ein 1. Klasse Ticket investieren.
Angekommen in Mombasa erwarte uns so eine Art Weltuntergang. Alle Schleusen des Himmels waren geöffnet. Es goss in Strömen. Leider war es den Taxifahrern nicht erlaubt, bis zum Ankunftsterminal zu kommen. Und so mussten wir mit unseren Koffern durch den strömenden Regen bis zum Parkplatz wandern. Dort war es allerdings leicht ein großes Taxi mit Sitzplätzen für uns alle sieben incl. Gepäckstauraum zu finden.
Bei Sonnenschein!
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