Samstag, 28. Oktober 2023

Heinrich der Wagen bricht - oder - Eine Katastrophe kommt selten allein

Da sitze ich nun. In einer Hinterhofwerkstatt in Diani. Gott sei Dank nicht von allen guten Geistern verlassen, sondern in fürsorglicher Begleitung von Raphael und meiner lieben Freundin Kerstin. Wir sitzen auf alten und teilweise zerbrochenen Plastikstühlen, die eilig für uns herbeigeschafft wurden unter einem schattenspendeden Blechdach. Über uns fliegen in nur wenigen Metern Höhe mit lautem Getöse die anreisenden Flugzeuge auf den kleinen und nur wenige Meter entfernten Airstrip zu und vor uns wird von zahlreichen hilfsbereiten Kenianern eifrig unser Auto auseinandergenommen. Und zwar so richtig.

Doch lasst mich von vorne anfangen. Das Desaster begann von 6 Tagen mit der Anreise unserer lieben und langjährigen Freunde - Familie Tärre. Der Liebste hatte sich wochenlang damit beschäftigt, für diese 2 Wochen des Besuches eine allumfassende Rundreise durch Kenia zu planen. 1500 km, 7 Personen, 2 Autos. Der Plan war gut...

Gleich am nächsten Morgen nach Tärres Anreise machten wir uns auf den Weg. Raus aus Nairobi, rein ins echte Kenia. Unser erstes Ziel war der Amboseli. Um Eindruck zu schinden hatten wir ein Zeltcamp mit freiem Blick auf den Kilimanscharo gebucht. Die Fahrt verlief recht gemütlich. Die Begrüssung im Camp war herzlich und erfrischend, mit kühlem Saft und feuchten Tüchern, um sich vom Wüstenstaub zu befreien.


Meine Freunde über die Ankunft hielt nur kurz. Nachdem alle Taschen aus den zwei Autos ausgepackt und aufgereit dastanden, bemerkten wir, dass meine Arbeitstasche mit 2 Computern und wichtigen Dokumenten fehlte. Nicht verloren - im Chaos der Abreise, war nicht aufgefallen, dass ausgerechnet diese, für mich die wichtigste Tasche von allen, gar nicht erst den Weg ins Auto gefunden hatte. 

Die Tasche stand immer noch entspannt und fertig gepackt auf dem Sofa im heimischen Wohnzimmer in Nairobi. Ach du heilige Makrele......   Mein Cortisolspiegel machte sich auf zu Höchstleistungen. Wie auch immer, die Tasche musste her. Meine erste Idee, noch am gleichen Nachmittag einen Flug zurück nach Nairobi zu nehmen und nach 3 Stunden mit einem anderen wieder nach Amboseli zu fliegen zerschlug sich, weil die kleinen Maschinen leider alle ausgebucht waren. Na gut, dann eben am nächsten Tag weiter ans Meer und dann von dort aus per Flug die Tasche nachholen. Diese Idee war realistischer. Der Liebste bot sich rasch als Flugkurier an und schwupps waren die Flüge gebucht.

Unsere Fahrt ans Meer wurde am Folgetag bereits nach wenigen Kilometern aufgehalten. Mein linker Hinterreifen stand irgendwie x-förmig ab und das Auto machte hinten so Schwimmbewegungen. Eigenartig. Eine Konsultation beim Tankstellenmechaniker bestätigte die Diagnose eines Hinterachsenteilbruchs. Nicht ganz durch, aber irgendwie so halb. Ich könnte das jetzt mit Knochenfrakturen vergleichen, aber naja....

Es wurde mit viel Hilfsbereitschaft kenianisch repariert und geschweisst. Und zwar fachgerecht mittels kenianischem 3-Stufen-Schweißen. Erst ohne Brille, dann mit Sonnenbrille und zum Schluss noch mit einer Schutzbrille über der Sonnenbrille. Hat irgendwie funktioniert. Nach einer Stunde konnten wir weiterfahren. Naja, oder holpern, die Strasse war mehr als eine Katastrophe. Und so fielen wir weiterhin von einem Schlagloch ins nächste. Wir passierten Brücken, die die nahezu nur aus Löchern bestanden und fuhren durch tiefe Sandschluchten. Aber was solls, die Landschaft war schön, die Sonne schien und Familie Tärre bekam Kenia präsentiert. Und zwar volle Breitseite. 

Und irgendwann in der Abenddämmerung hatten wir alle widrigen Pisten hinter uns und vor uns lag der Indische Ozean. Geschafft und für drei Tage Ruhe und Erholung in einem Haus am Meer. 





Hat fast geklappt. Magen Darm ging rum und hat alle vier Erwachsenen erwischt. Mehr oder weniger. Egal, das kann man sehr gut auf einer Liege mit Blick aufs Meer auskurieren. Immerhin hatte ich nun meine Tasche und konnte Laborwerte abarbeiten, wenn auch nicht meine eigenen. 

Nächstes Ziel für heute ist der Tsavo. Und irgendwie bleibt man sich ja treu. Es fiel schnell auf, dass nun beide Hinterräder schief standen. Irgendwie wie ein x-beiniges Auto. Also wieder Tankstelle und Mechaniker. Diagnose: Re-Fraktur. Kein Wunder bei den Strassen hier. 

Tja, und nun sitzen wir hier beim Schweisser im Hinterhof in einer kleinen Werkstatt am Meer. Unsere Männer haben sich im zweiten Auto bereits auf auf den Weg nach Tsavo gemacht und uns hier hinterlassen. Irgendwie in dem guten Glauben, dass wir das schon irgendwie hinbekommen. Kann man gut finden, muss man nicht. Ich bin noch unentschlossen....


 





Samstag, 30. September 2023

Von schlechtem Karma, einer Beerdigung und einem Geburtstag

Super GAU. Grösster anzunehmender Unfall. Hier bei mir? Jawoll.....

Was für eine verrückte Woche. Ich hatte ja gedacht, dass die zahlreichen Stromausfälle ausgereicht hätten, um mein Stresslevel in obere Sphären zu triggern. Aber nein. Das Schicksal hatte noch was viel besseres im Gepäck. Ich habe ja sehr selten Panikattacken in meinem Leben, aber der vergangene Donnerstag war einer dieser Tage. 


Da sitze ich also in meiner Sprechstunde, mir gegenüber eine Patientin. Und während ich  die Daten und Infos am Laptop in die Patientenakte eintippe, fängt mein Computer plötzlich an komische Dinge zu tun. Da gehen urplötzlich Fenster auf und verschwinden wieder. Eigenartig. Naja, ruhig bleiben und nichts anmerken lassen. Gelang mir nur so halb, weil nach ca. 2 min wie von Geisterhand meine Dateien verschwanden. Der Desktop leerte sich mit zunehmender Geschwindigkeit. Nach einigen Minuten war mein Bildschirm leer. Alles weg. Nicht mal mal eine Datei mit Namen und Emailadressen. Kein Verlauf, keine Laborbefunde. Nichts, nada, niente. 

Einatmen, ausatmen.....

Ich musste dann erstmal dringend los zum Wochenbett Hausbesuch. Ich muss etwas durch den Wind ausgesehen haben. Jedenfalls wurde mir dort erstmal ein Schnaps angeboten. Ich habe angenommen....

Was war passiert? Der Liebste hatte versucht meinen zweiten Mac zu optimieren und dabei die glorreiche Idee, Dateien zu löschen, um neuen Speicherplatz zu schaffen. Blöd nur, dass ihm nicht bewusst war, dass diese beiden Computer miteinander verbunden sind. Was für ein Desaster.

Und was für ein Glück, dass wir alles, aber auch alles in die cloud schieben. 

Nun gut, es hat den Liebsten einen Wutanfall meinerseits und zwei Nachtschichten gekost. Es ist alles wieder da. Wir sind auch immer noch miteinander verheiratet. 

Und nun sollte man meinen, dass das eigentlich reichen sollte. Aber nein. Einen Tag später im Medical Center hatte auch dort meine Nurse am Tag zuvor sämtliche meiner Daten, Ultraschallbilder und Verläufe aus den letzten drei Monaten gelöscht. Warum? Um Speicherplatz zu schaffen... Diesmal leider nicht wiederherstellbar. 

Und nun soll mir mal einer erklären, was da am letzten Donnerstag in der Luft lag? Welche kosmische Strahlung hat die Menschen in meiner Umgebung dazu bewegt, unabhängig voneinander meine Arbeitsgrundlagen auszuradieren? Beide male ohne bösen Willen und doch mit dem gleichen Ergebnis? 

Ich kann es mir auch nicht erklären. 

Als Krönung mussten wir uns dann leider gestern Abend von unserem Katerchen verabschieden, der leider seine grosse Operation wegen eines Darmverschlusses nur drei Tage überlebt hatte. Das war traurig und tränenreich, besonders für die Kinder. Was für ein Segen, dass man eine Freundin hat, die Pfarrerin ist und ganz kurzfristig und auf Zuruf für die Kinder eine ganz wundervolle und tröstende Verabschiedung gestaltet hat. Standesgemäss mit einem Schnaps für alle am Ende. 

Und so haben wir angestossen. Zuerst auf das verstorbene Katerchen, dann auf das Leben und dann erst recht auf unseren wundervollen Sohn Konstantin, der gestern seinen 25. Geburtstag gefeiert hat. 


Happy Birthday mein Herz 



Sonntag, 9. April 2023

Triggerwarnung

Jetzt bin ich schon seit einer Woche aus Laisamis zurück - und ich kann immer noch nicht schlafen.....

So oft schon war ich dort oben. Habe mit Mädchen und Frauen gesprochen, gearbeitet, aufgeklärt und beraten. Ich habe vieles gesehen in den letzten 6 Jahren. Wirklich. Die Hitze, die Trockenheit, den Hunger. Alles ist dort oben gegenwärtig. Ich habe in den 25 Jahren als Frauenärztin gelernt, Schlimmes nicht mit nach Hause zu nehmen. Das gelang manchmal besser und manchmal schlechter. Ich habe auch in Deutschland furchtbare und traurige Dinge erlebt. Aber was ich in den Tagen in Laisamis gesehen habe, ist unvorstellbar. 

Infektionen, Narben, Komplikationen. Die Mädchen werden mit etwa 10 Jahren in ihren Dörfern beschnitten. Meist Grad 4, dass heisst alles wird weggeschnitten. Alles. In Hütten, unsteril, wahrscheinlich mit stumpfen Klingen. Damit sich nichts infiziert werden die Wunden dann in den Tagen nach dem Eingriff mit Salzwasser ausgewaschen. Das muss Brennen wie die Hölle. Naja, es ist die Hölle. Meist überleben die Mädchen. Die, die es nicht tun, verbluten oder sterben an Infektionen und werden begraben. Merkt ja niemand, nur wenige sind registriert. Mit 12 werden die Mädchen dann verheiratet, oft mit alten Männern, die schon mehrere Frauen haben. Wenn sie Glück haben, lassen die Männer sie bis zum 15. Geburtstag in Ruhe. Dann beginnen die Vergewaltigungen, wenns schlecht läuft fängt es schon eher an. Dann reissen die alten Narben auf, es kommt zu erneuten Verletzungen und Infektionen. Ohne Behandlung führen die wiederum zu Unfruchtbarkeit, die dann ein Verstossen und Ächten nach sich ziehen. 

Ich bin in Laisamis zu einer Geburt gerufen worden. Eine junge Frau bekam ihr erstes Kind. Die Situation war furchtbar. Sie lag auf einer Liege, unter ihr Gummimatten voller Blut. Drumherum standen schweigend drei Helfer. Niemand sprach mit der Frau. Niemand erklärte, wie und wann man presst.  Niemand hielt ihre Hand. Obs dem Kind gut geht interessierte niemanden. Das kindliche Köpfchen war noch weit oben im Geburtskanal, aber ein Dammschnitt war schon gemacht worden. Einfach so, Routine. Angeblich wegen der Beschneidungen. Nötig wäre es nach meiner Einschätzung nicht gewesen. Da standen also im Morgengrauen drei Helfer schweigen um die Liege und das Blut sickerte auf den Boden. Wieder nur Gewalt. Körperlich und psychisch. Ich habe dann die Geburt übernommen und versucht zu zeigen, dass es anders geht, aber so was verpufft dort. 

Und während wir Ärzte dort oben versuchen punktuell zu lindern, lese ich parallel in einigen WhatsApp- und Email Gruppen mit, wie einige hier in Nairobi darüber diskutieren, ob diese Arbeit unterstützenwert ist oder nicht. 

Schlimmes nicht mit nach Hause nehmen...klappt oft -  diesmal leider nicht. Kennt ihr das, wenn man nur noch im Strahl kotzen könnte? Ich habs getan. Auf halbem Heimweg, in Nanyuki. Bei Barneys mitten auf den Rasen. Wieder und immer wieder. Eine Weiterfahrt war nicht möglich, mein Kreislauf spielte nicht mehr mit. Gott sei Dank gibt es auf Strassenseite gegenüber ein nettes Air BnB. 

Im Grunde genommen hat sich nicht mein Magen unwohl gefühlt, sondern meine Seele musste das rauslassen. Im Strahl kotzen...kann auch heilsam sein. 

Wir werden übrigens in nahezu gleicher ärztlicher Formation in der letzten Septemberwoche wieder nach Laisamis fahren. Wieder ein Camp. Wieder die gleichen Bilder. Aber wenn wir wenigstens zweimal im Jahr fahren, können wir vielleicht doch mit der Zeit etwas bewegen. 

Inshallah...


Dienstag, 28. März 2023

Medical Camp

Ich habe wieder Wüstenglow. Dieses besondere Leuchten, welches ich immer nur hier in Laisamis finde. Hoch im Norden, in der Dürre, noch hinter dem Samburuland. 

Erinnert ihr euch noch an die Berichte aus dem letzten Dezember? Wir hatten damals eine kleine katholische Krankenstation besucht und Ordensschwester Tabitha getroffen.  Tabitha hatte mich damals inständig gebeten wiederzukommen und als Ärztin ein paar Tage hier zu arbeiten. Ich habe Wort gehalten und obendrein noch Wolf den Allgemeinmediner, Ulf den Zahnarzt, Rainer den Augenarzt, Betty und Fred als Augenoptiker und Rachel als Sprechstundenhilfe im Gepäck. 

Mir wurde ein leeres Zimmer zum Arbeiten zugewiesen. Lediglich ausgestattet mit einer alten verrosteten Liege und einem alten Drehhocker. 


Zum Glück haben wir unsere Arbeitsinstrumente und auch Unmengen von Medikamenten im Gepäck. Nachdem ich mit Rachel ein bisschen gewirbelt und geputzt hatte, konnte man das Zimmer tatsächlich auch als Sprechzimmer bezeichnen. 



Während Ulf hunderte von Zähnen zieht und Betty und Rainer täglich unzählige Menschen mit Brillen versorgen, sehe ich nur die Frauen. Schwanger und nicht schwanger. Spindeldürr, weil es kaum etwas zu Essen gibt. Hunger ist hier normal. Das Durchschnittsgewicht heute waren etwa 42 kg. In den letzten zwei Tagen waren alle Frauen, die ich gesehen habe beschnitten. Und zwar massiv. In der Regel passiert das im 10. Lebensjahr. Wenn die Mädchen 12 Jahre alt sind werden sie verheiratet, dann kommt meist auch noch Gewalt ins Spiel.

Die Infektions- und HIVraten sind enorm hoch. Es braucht hier viel Fingerspitzengefühl und Ruhe, um die Frauen, die ja von selbst wegen Beschwerden kommen, zu untersuchen. Ich halte ja viel aus, aber hier oben sind selbst meine Schultern manchmal nicht stark genug.... 

mein Wartezimmer


meine älteste Patientin heute (83 Jahre) hoffte schwanger zu sein

mein fantastisches lokales Gyn Team

Louise wohnt am Lake Turkana ist 300km gereist, um sich untersuchen zu lassen

und so siehts aus, wenn man mal schnell jemanden verlegen muss

Und trotz alledem ist es eine wunderbare Aufgabe hier wenigstens ein bisschen zu lindern. Auch wenn es nur der Tropfen auf den heissen Stein ist. Wir behandeln vorrangig Infektionen und machen machen Vorsorgeuntersuchungen. Und erklären ganz viel. Und halten Händchen. Bezahlt werden wir mit ungezählten Umarmungen.

    





Sonntag, 19. März 2023

Willkommen Samuel ODER Mit dem Po voran ins Leben

Tage im Medical Center sind wie ein Potpourri und meistens wirds spannend, wenn man eigentlich gar nicht soviel Zeit hat. Letzten Freitag zum Beispiel. 

Da klopft es zaghaft an unsere Sprechzimmertür. Das ist ja schonmal ein Fortschritt, hab ich gedacht. Normalerweise wird immer gleich die Tür aufgerissen. Deshalb schließen wir uns in der Gyn Sprechstunde immer mit den Patientinnen ein. Sicher ist sicher. Nun ja, es klopfte also recht zaghaft an die Tür. Klang nicht dringend. Wir beendeten unsere Untersuchung. Kurz vorm Öffnen der Tür dann nochmal ein etwas fordernderes Klopfen. Na gut...  Eine etwas verschrocken dreinblickende Krankenschwester berichtete, dass es im Nebenzimmer einen Notfall gäbe. "Soso" dachte ich, da hätte man ja mal etwas energischer Anschlagen können. Was war denn los?

Im Nebenzimmer lag eine halbentkleidete Patientin schweigend auf einer Liege. So wie der Bauch aussah offensichtlich schwanger. Auf dem Tuch zwischen den Beinen dicke grüne Flüssigkeit (stellt euch Erbsensuppe vor). Nurse Jane meinte mit belegter Stimme, es gibt keine Herztöne und wir hätten es hier mit einem verstobenen Baby zu tun. Sie hätte von der Scheide aus getastet und der Kopf wäre schon ganz weich. Die Patientin sei heute das erste mal in der Schwangerschaft zu einer Kontrolle gekommen.

Manchmal ist es ja wirklich schlimm, aber oft auch nur halb. Also erstmal schauen. Beim Untersuchen habe ich habe ich tatsächlich auch etwas Weiches getastet. Das war aber kein Kopf, sondern der Po von einem Baby. Und der wollte raus. Mit Hilfe des Ultraschallgerätes war schnell klar, dass das kleine Babyherzchen sehr wohl schlug, nur eben an anderer Stelle als erwartet. 

Ok, erstmal alle beruhigen. Also ich meine alle aufgeregten Krankenschwestern. Die Mutter Ruth und ich waren relativ relaxed. 

Das Baby wollte also raus. Die mit dem Ultraschall kontrollierten Herzschläge sahen einigermassen übel aus. Wehen hatten wir nur schwache, ein Medikament um die Wehen stärker zu machen war nicht vorhanden. Ich hab Ampullen mit Oxytocin (Wehenmittel) zu Hause im Kühlschrank. Der war aber weit weg. Und der Liebste hätte es bringen können, uns rannte aber die Zeit weg. Irgendjemand kam auf die geniale Idee ein anderes Medical Center in der Nähe anzufragen und während wir also schon einen venösen Zugang legten, machte sich ein Motoradtaxi auf den Weg, um uns das Medikament zu besorgen. 

Immerhin hatten wir Sauerstoff. Nützte leider bei dem nur noch träge arbeitenden kindlichen Herzchen nicht viel. Aber besser als gar nichts. Naja, auf unser Medikament konnten wir nicht warten, Wehen hatte Ruth bedauerlicherweise nahezu keine. Option Kaiserschnitt stand nicht zur Verfügung.

Also einfach pressen lassen, auch ohne Wehe. War mal was Neues. Auch für mich. Grosses Erstaunen erntete ich beim Personal, als ich Ruth pressen ließ und den Po aber mit einem Tuch fleissig zurückpresste in den Geburtskanal. Immer wieder. Immerhin haben sie mich machen lassen. Irgendwann hatten Ruth und ich dann soviel Druck in der Gebärmutter aufgebaut, dass wir es wagen konnten. Po und Bäuchlein kamen ganz rasch. Die Nabelschnur recht dünn und schlaff, die Ärmchen unglücklicherweise beide über dem Köpfchen hochgeschlagen. Wenn man nun gelernt hat, wie man  ein Baby in solch einer Situation bewegt und dreht und die Ärmchen rauspuzzelt, dann klappt das auch (immer wieder Danke Sven!). 

Da hatten wir nun also unser kleines Bündel. Recht blau und schlaff, aber eine ordentliche Handtuchmassage kann hier Wunder bewirken. 


Samuel heisst der kleine Mann, der so mit seinem Po voran ins Leben geplumst ist. Was er für eine Zukunft hat vermag ich nicht zu sagen. Für den Anfang hatte er jedenfalls sehr viel Glück.....