Donnerstag, 20. Februar 2020

Von Schuldirektoren und der Toilette des Ministers

So langsam lerne ich, ein echter Kenianer zu sein. Vieles ist einfach, bei manchem sträube ich mich noch. Aber seht selbst.....

Unser Plan war ja heute Gouverneur und Bildungsminister zu treffen. Unser Plan war gut, die Realität sah anders aus. Der Gouverneur war verhindert, der Bildungsminister auch. Aber, im Nachhinein muss ich sagen, dass das vielleicht tatsächlich unser größtes Glück war. Der Bildungsminister hatte uns nämlich seinen Stellvertreter geschickt.

Und der kam auch. Heute morgen zum Frühstück ins Hotel. Nun muss man wissen, dass jegliches Business in Afrika besser funktioniert, wenn es etwas zu Essen gibt. Und das Frühstück hier war gar nicht so schlecht.
Uns wurde sogar die tagesaktuelle Frühstückskarte an den Tisch gebracht. Wir hatten die Wahl.



Der Stellvertreter des Bildungsministers kam kenianisch, nämlich zu spät. Und, was mich besonders erstaunte, nicht mit dem Auto, sondern mit dem öffentlichen Bus und letzten Endes zu Fuß. Da hatte er doch gleich bei mir ein paar Sympathiepunkte gesammelt.
Und wie sich herausstellen sollte, war dieser Mann überaus freundlich, aufgeschlossen und hilfsbereit. Genauso jemanden brauchten wir nämlich an diesem Tag. Jemanden, vor dem die Schulleiter, die wir besuchen wollten, Respekt hatten und jemand, der unser Vorhaben mit allen Kräften unterstützte. Ein Volltreffer.....

Los ging es dann gemeinsam zu unserer ersten Verabredung. Nämlich genau in die Schule, in der Ende vergangenen Jahres die entsetzliche Geschichte mit dem erhängten Mädchen passiert war. Genau dort wollten wir hin.

Der Weg war weit. Entlang ungezählter Teeplantagen, durch Wälder, vorbei an Weiden mit zufrieden satten Kühen, Schafen, Ziegen, jenseits der asphaltierten Straßen.  Man merkt, wie die ansonsten um diese Jahreszeit ausgedörrte Region, unter dem reichlichen Regen zu Kräften kommt.




In der Schule wurden wir vom Direktor und den Mädchen der 8. Klasse begrüßt.
Standesgemäß mussten wir natürlich zuerst in das Büro des Schuldirektors. Nach der üblichen Vorstellungsrunde und unter den Blicken des stellvertretenden Bildungsministers wurden dann dem Schuldirektor die Sanitary Pads präsentiert.


Es amüsiert mich jedesmal, wenn diese Männer sich zieren dieses Stückchen Stoff einmal in die Hände zu nehmen und anzufassen. Aber Ann ist unerbittlich. Mit grenzenlosem Charme schafft sie das jedesmal.


Lustig war, dass ich in dieser Schule Ibrahim kennenlernte, einen Basketballer aus Dallas. Er hatte auch von der Geschichte gehört war ebenfalls zu Besuch und ich habe ihn mühelos von unseren Sanitary Pads begeistern können.


Aber mal ehrlich, dass war ja wirklich ein langes und nettes Gespräch, doch es ist schon schräg, wenn dein Gespächspartner doppelt so groß ist, wie du selbst. War auch mal wieder eine neue Erfahrung.

Im Anschluß haben wir noch weitere Schulen besucht. Im Grunde genommen war es immer das selbe Spiel. Begrüßung, Vorstellungsrunde, Demonstration der Sanitary Pads und Planung des Camps im März, eine runde Kenyan Tee, Smalltalk, Verabschiedung.






Durch die bloße Anwesenheit des stellv. Bildungsministers waren uns alle Schuldirektoren (allesamt männlich) offen zugetan. Ich bin mir nicht sicher, ob es ohne seine Begleitung ebenso gewesen wäre. Das Ministerium unterstützt unsere Aktion und auch das geplante Camp im März voll und ganz. Ich bin davon überzeugt, dass die Schuldirektoren hier nicht danach gefragt werden, ob sie interessiert sind oder nicht. Sie werden wahrscheinlich schlichtweg von oben dazu verdonnert.
Letztendlich ist es mir egal wenn unser Plan aufgeht und letzten Endes die Mädchen davon profitieren.

Die kenianische Regierung hatte ja mal vor einigen Jahren den Beschluss erlassen, dass alle Schulmädchen des Landes mit Einmal-Pads ausgestattet werden. Letztendlich haben wir heute gelernt, das jedes Mädchen 16 Wegwerfbinden pro Jahr erhält. Du liebe Güte.....

Pro Woche fehlen in jeder Schule etwa 10 Mädchen, die wegen ihrer Menstruation zu Hause bleiben müssen. Naja, die Zahl 10 wurde uns genannt, ich denke die Dunkelziffer ist reichlich höher.
Genau wie in Nairobi prostituieren sich die Schulmädchen, um sich dann von den umgerechnet 50 cent Binden kaufen zu können. Der Plan geht nicht auf, weil ein Großteil dieser Mädchen schwanger wird. Die meisten mit 14 oder 15, was letztendlich zum Rauswurf aus dem Elternhaus und damit auch zum Schulabbruch führt. Es ist ein Teufelskreis.

Am Nachmittag sind wir dann doch noch ins Bildungsministerium gefahren. Aber eigentlich nur, weil meine Blase nach dem vielen Tee so drückte und das Gebäude auf dem Weg lag.


Und tada....nun kann ich behaupten nicht nur eine Bischofstoilette benutzt haben zu dürfen, nein, nun ist auch die Toilette des Bildungsministers in die Sammlung aufgenommen.
Ein Highlight.....aber seht selbst.....


Und auf der Heimfahrt, als alles vorbei war, da merke ich doch, dass ich den ganzen Tag mein T-Shirt auf Linksrum anhatte. Nun habe ich ja die Gabe herzlich über mich selbst lachen zu können. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob es jemand gemerkt hat und wenn doch, dann geht es hier draußen wahrscheinlich als Muzungu-Mode-Tic durch. Auch egal, immerhin hat es Glück gebracht.


Im Moment sitze ich auf der Terrasse der Kantine und über der Mara geht die Sonne unter.
Ich freue mich jetzt auf mein Abendessen und vielleicht auch auf einen Gin & Tonic. Den hab ich mir heute verdient....






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