Ja, ich hatte ihn mir tatsächlich gestern Abend gegönnt. Den Sundowner auf der Terrasse. Und heute ging es weiter. Natürlich nicht mit dem Gin...
Weitere Schulbesuche standen auf dem Programm, um die Schuldirektoren von unserem Projekt zu überzeugen. Es war ein leichtes Spiel, da unser Begleiter aus dem Ministerium wieder mit uns war.
Was mir auffiel war, dass die Schuldirektoren die Zahlen über menstruationsbedingte Fehltage der Mädchen schönten, ebenso über Teenieschwangerschaften, sobald der stellv. Bildungsminister mit im Raum war. Aus Angst oder was auch immer. Erstaunlicherweise bemerkte dieser das auch und änderte seine Taktik. Von nun an, war er nur noch bei den Begrüßungsrunden dabei und wartete anschließend während des Gesprächs allein draußen auf dem Schulhof. Und das nenn ich Größe in diesem Amt! Soll ihm erstmal einer nachmachen....
In einer der Schulen platzten wir in irgendeine Zeremonie und wurden empfangen wie Staatsgäste. Das war gar nicht für uns geplant gewesen, aber nun waren wir schonmal da und wurden wir auch gleich gefeiert. War irgendwie auch witzig.
Der Direktor dieser Schule war wahnsinnig aufgeschlossen und hatte gleich noch die leitenden Elternvertreter (alles Männer) zum Gespräch mit uns gebeten. Das war nicht schwer, weil ja aufgrund der Zeremonie auf dem Schulhof sowieso alle Familien anwesend waren. Und dann habe ich erleben dürfen wie diese drei Männer unglaublich neugierig unsere Binden untersuchten. Sie wurden gegen das Licht gehalten, um das Innenleben zu sehen, gebogen, gefaltet und wieder aufgeknöpft. Die Jungs hatten Spaß....
Und dann erzählten sie uns von Sharon. Sharon wohnt neben der Schule, ist 15 Jahre alt und hat ein 9 Monate altes Baby. Die Mutter ist schwer alkoholkrank, mit diversen sozialen Problemen. Sharons Bruder hat sich vor einiger Zeit mit 10 Jahren im Wald erhängt, ihr Vater starb zwei Tage später an irgendeiner schweren Krankheit. Sharons Mutter ist nicht in der Lage Schulgeld für sie zu bezahlen und Sharon ist klug. Und möchte zur Schule gehen. Und lernen. Trotz Baby. Letzte Woche hatte sie die Schulverantwortlichen besucht und um Hilfe gebeten. Sie hatte dort ebenfalls über Selbstmordgedanken berichtet, weil sie sich so alleingelassen fühlt.
Wir haben ungeplant und spontan Sharon zu Hause besucht. Die mich begleitenden Sozialarbeiter haben sie umgehend in ein Sponsorship Programm aufgenommen. Wir haben ihr in der nächsten Stadt Schulhefte gekauft und ab kommendem Montag kann Sharon wieder die Schule besuchen.
Letztendlich war ich selbst auch nur 5 Jahre älter, als ich mein erstes Kind (den wunderbaren Jonathan) geboren habe. Und wenn Sharon an sich glaubt und stark bleibt und fleißig ist, dann kann sie alles werden. Die Unterstützung ihrer Lehrer und der Elternvertretung hat sie. Und nun auch noch die der Sozialarbeiter aus Mathare. Es gibt nicht viele, die hier solche Chancen bekommen.
Geplant haben wir nun Folgendes:
Schulungscamp
13. März - am Nachmittag Schulung von jeweils zwei Vertrauenslehrern aus 16 Schulen
14. März - ganztags ein Schulungscamp für jeweils 3 Schülervertreter aus 16 Schulen
(diese werden ausgebildet, alle anderen Schüler mit Unterstützung der
Vertrauenslehrer im Umgang mit den Sanitary Pads zu schulen)
Ich freue mich unendlich, dass wir es bis hierhin geschafft haben und bin wahnsinnig gespannt auf das Camp im März.
Irgendwann haben wir uns dann am Nachmittag auf den langen Heimweg gemacht. Unser Plan war unterwegs an einem der Straßenmärkte noch Kartoffeln und Tomaten zu kaufen. Dazu muss man wissen, dass besonders die Massai auf die chemische Behandlung der Felder verzichten. Was will man mehr. Ich beklagte während der Fahrt, dass ich auf solchen Märkten immer Muzungu-Preise bezahlen müsste und damit reichlich mehr, als die lokalen Einwohner. Besonders Titus fühlte sich nun bemüßigt, mich auf die Verhandlungen auf dem Markt gut vorzubereiten. Sein Tipp war nach der ersten Preisangabe des Verkäufers entrüstet "Hapana" (ist Suaheli und bedeutet "no way") zu rufen.
So weit, so gut. Er war mit meinem "Hapana" lange nicht zufrieden und wir übten amüsiert eine lange Zeit im Auto die richtige entrüstete Aussprache. Besonders wichtig schien ihm die harte Betonung des P in der Mitte des Wortes.
Auf dem Markt entschieden Titus, Ann, Augustine und ich uns zufällig alle für den gleichen Stand. Und wohlgemerkt wir kauften alle das gleiche. Meine mir zugeteilte Verkäuferin war über mein "Hapana" dermaßen amüsiert, dass ich tatsächlich einen guten Preis bekam.
Ich saß längst wieder im Auto, Kartoffeln und Tomaten waren gut im Kofferraum verstaut, nur Titus fehlte.
Da stand er doch tatsächlich in einer Traube von Verkäufern diskutierte ausdauernd und konnte es nicht fassen, dass er als Kenianer mehr bezahlen sollte als ich. Letztendlich musste er.
Was haben wir gelacht....
Hapana sei Dank!
Ein paar Stunden später hatten wir es dann geschafft. Endlich zuhause. Was für ein schönes Gefühl.
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