Freitag, 13. März 2020

"Die Nacht in der das Fürchten wohnt......"

"Die Nacht in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond." Diese Worte von Mascha Kaleko hat uns unser Pfarrer mitgegeben. Und sie begleiten mich in den letzten Tagen.

Wir haben vor Kurzem eine wunderbare Freundin verloren. Unerwartet, ganz plötzlich. Unser Alter. Zack bums aus. Unfassbar.
Und neben all der Traurigkeit ist es plötzlich wieder da. Das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit. Sowohl bei uns als Eltern, die wir uns um unsere Kinder sorgen, als auch bei den Kindern, die begreifen, dass auch Eltern um sich zu haben kein Selbstverständnis ist. Diese Nächte sind wahrhaftig zum Fürchten. Und man kann nicht glauben, dass es bei all diesem Unglück doch Sterne und Mond geben soll.
Aber es gibt sie. Nach und nach. Wir erleben gerade, wie hier in der Schule, unter Kollegen und in der Kirchgemeinde Menschen in ihrer Trauer zusammenrücken. Abende mit Rotwein zum Erzählen und Erinnern, Fürbitten, eine Andacht, Meetings mit liebevollen Abschiedsworten. Und ungezählte Tränen. Uns ist bewußt geworden, wie wenig wir hier in der Fremde, als Durchreisende auf Zeit, eigentlich voneinander wissen. Eine Freundin hat die wunderbare Idee ins Spiel gebracht einen geschützten Gesprächskreis zu initiieren. "Erzähl mir deine Geschichte...". Eine schöne Idee.

Liebe Indra, du hast es trotz deiner verdammt kurzen Zeit hier geschafft, die Menschen zueinander zu bringen, Türen und Herzen zu öffnen. Ich wünsche dir von ganzem Herzen alles Gute, wo auch immer du jetzt bist. Den nächsten Kaffee trinken wir irgendwann später.


Ja, und dann hat es Corona nun auch hierher geschafft. Gestern gab es die Meldung, dass die erste erkrankte Person detektiert wurde. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was kurz nach dieser Nachricht passierte. Panik in den Supermärkten. Nach wenigen Stunden kaum noch Toilettenpapier.
Die UN stellt auf working from home um. Am Einlass zu  Einkaufszentren gibt es jetzt nicht nur Sprengstoff-, Taschenkontrollen und Durchleuchtung, sondern jetzt wird auch noch Fieber gemessen. Wer mit erhöhter Temperatur auffällt wird umgehend ins Krankenhaus gebracht. Schnupfennasen wird der Einlass verwehrt. Unsere Schule wird Sonntagabend entscheiden, ob auf online Unterricht umgestellt wird.
Ich habe gehört, dass Kenia 400 Corona-Virus Testkits zur Verfügung stehen. Pro Patient braucht man zwei. Das ist bereits der Punkt, an dem man lieber aufhört nachzudenken. Und wenn man es doch macht, dann weiß man, dass der Großteil der Bevölkerung gar keine Krankenversicherung hat. Und in den Krankenhäusern hier kann man wie Hildah damals sterbend auf der Eingangstreppe liegen. Solange nicht irgendjemand seine Kreditkarte gezückt hat, passiert hier nämlich gar nichts.
"Die Nacht in der das Fürchten wohnt..."....hier sehe ich zur Zeit weder Sterne noch Mond.

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