Dienstag, 6. Dezember 2022

Laisamis/Karare/Marsabit

Eigentlich hatten wir nach dem gestrigen Marathon einen etwas ruhigeres Programm für heute geplant. Planen kann man viel, im Leben läufts dann oft anders. 

Gleich morgens nach dem Frühstück besuchten wir das kleine Krankenhaus in Laisamis. Ordensschwester Tabitha nahm sich viel Zeit für uns. Eigentlich handelt es sich um eine ehemalige Missionsstation. Es gibt eine Ambulanz und auch einen stationären Bereich, der aus zwei großen Sälen mit jeweils 10 Betten besteht. Einer für Männer, einer für Frauen und Kinder.  Ärzte gibt es keine. Wohl aber einen Raum zum Entbinden,  aus einer Spende ein nagelneues Ultraschallgerät (was aber niemand bedienen kann) und ein komplett eingerichtetes Zimmer für einen Zahnarzt - falls mal einer kommt - also ein Zahnarzt, Patienten gibt es unzählige.






Früher wurden Schwangere 4 Wochen vor der Geburt aufgenommen. Sie kommen als Nomaden ja meist von weit her. Heute geht das nicht mehr. Kein Personal, kein Geld. Entbindungen gibt es trotzdem noch im Krankenhaus. Etwa 20-30 pro Monat. Zum Glück geht meist alles glatt. Aber falls nicht müssen die Frauen ins nächste größere Krankenhaus verlegt werden. Das ist 110 km weit entfernt. Einen Krankenwagen gibt es nicht, also erfolgen solche Verlegungen unter der Geburt mit dem öffentlichen Verkehr. Busse kommen ja ab und zu vorbei. Meistens sterben Mutter und Kind unterwegs. 

Heute besuchten wir eine junge Frau, die mit ihrem Kleinkind stationär aufgenommen wurde. Der Kleine hat einen ausgeprägten Wasserkopf. Behandeln kann man das hier nicht. Für alle anderen Möglichkeiten gibt es kein Geld. Mittlerweile liegt der Junge im Sterben, es ist nur noch eine Frage von Tagen. 

Auch wenn ich im Laufe der vielen Jahre gelernt habe, dass man nicht jedesmal mitsterben kann, fällt es manchmal einfach schwerer...

Die Fahrt nach Marsabit Town war dann etwas bedrückt. Zum einen bedingt durch die Umstände im Krankenhaus, zum anderen durch die uns umgebende Wüstenlandschaft. Geregnet hat es hier dieses Jahr einmal. Für eine Stunde an einem Tag im Mai. 


Am Nachmittag begleitete uns Reverend Jeremiah. Ein unglaublich beeindruckender Pfarrer, der sich mit seinen 76 Jahren immer noch mit ungebremsten Elan für seine Gemeinde/Diocese einsetzt. 

Auf unserem Weg nach Karare wunderten wir uns über ungezählte Frauen, die im Nirgendwo am Straßenrand standen. Auf Nachfrage erzählten sie, dass mehrfach geschossen wurde. Frauen und Kinder sind zur Straße geflüchtet, die Männer sind alle zum Kämpfen im Busch. Borana gegen Gabra. Das sind Tribekämpfe der Nomadenvölker. Immer sehr gewalttätig und gefährlich. Da geht es tatsächlich ums Stehlen von Vieh und ums Morden. Ich kannte sowas aus Filmen, hier ist es Alltag. 

Wir besuchten gemeinsam mit Reverend Jeremiah eine Schule in Karare. Diesmal mit unglaublich schlauen, neugierigen und sehr aufgeschlossenen Mädchen. Es kommt nicht oft vor, dass uns so viele Fragen gestellt werden und von den Mädchen auch Dinge hinterfragt werden. 




Auf dem Heimweg besuchte der Reverend mit uns noch ein kleines Dorf. Hier leben Rendille. Eine Familie - ein Dorf. So ist das hier. Fernab von jeglichen Touristendörfern. Das hier war authentisch und echt. Und wir wurden mit offenen Armen begrüßt und in die Hütten eingeladen. 




Mit Schwester Tabitha stehe ich in Kontakt. Für  März oder April planen wir ein gynäkologisches Medical Camp. Vielleicht 2 oder 3 Tage. Vielleicht findet sich ja noch eine Zahnärztin/Zahnarzt, der mitkommen möchte. 





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